Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

BZ 30.05.2015 - Amtsblatt

2 AMTSBLATT DER STADT LINDAU (B)30. Mai 2015 · BZ Nr. 22/15 In unserer neuen Reihe stellen wir Ihnen heute die vielfältigen Aufgaben des Kulturamtes vor. Alexander Warmbrunn ist seit rund vier Jahren der Chef des Lindauer Kulturamtes. Als des- sen Leiter ist er zugleich auch Direktor des Stadtmuseums und Intendant des Stadttheaters. AS: Herr Warmbrunn, was genau macht eigentlich das Kulturamt? AW: Wir definieren uns als Kulturvermittler, Förderer, Kulturbewahrer und Kultur- veranstalter und sind Schnitt- stelle zwischen Künstlern, unterschiedlichen Konzepten, Geschichten, Institutionen, Vereinen und der Verwaltung. Kurz: Wir sind Ansprechpart- ner für Menschen im Bereich Kultur in Lindau. Eine wesent- liche Rolle spielt darüber hin- aus der Bildungsauftrag, der uns als öffentlich-kommu- naler Einrichtung zukommt. Unser Anspruch ist es, durch ein möglichst abwechslungs- reiches Programm möglichst viele Menschen mit Kunst und Kultur in Berührung zu brin- gen. Dabei setzen wir bereits bei den Kindern an, mit vielen museums- und theaterpädago- gischen Angeboten. Wir verstehen uns als Er- möglicher von Kultur in der Stadt Lindau und möchten den Menschen ebenso inten- sive wie nachhaltige Erlebnis- se verschaffen. Unser Fokus liegt hier dar- auf ein Angebot für die Bürger und Bürgerinnen Lindaus zu schaffen. Dabei ist Kultur längst als wichtiger weicher Image- und Standortfaktor erkannt worden. Unser Thea- ter- und Konzertprogramm oder die Kunstausstellungen steigern die Attraktivität der Stadt für Touristen und Besu- cher von außerhalb, schaffen somit Arbeitsplätze und ge- nerieren Umsatz bei Einzel- handel, Hotellerie und Gastro- nomie. AS: In welche Bereiche gliedert sich das Kulturamt? AW: Zum Kulturamt gehö- ren das Stadtmuseum, das Stadtarchiv, die ehemals Reichsstädtische Bibliothek, das Stadttheater, das Veran- staltungs- und Eventmanage- ment mit Citymarketing, die Volkshochschule und die Stadtbücherei. Bestimmte übergreifende Verwaltungs- aufgaben, wie die Steuerung, Konzeption, strategische, per- sonelle, finanzielle und orga- nisatorische Koordination und Planung erfolgen zentral über das Kulturamt im enge- ren Sinn. AS: Wie können die Bürger mit dem Kulturamt in Verbin- dung treten? AW: Unter www.kultur-lin- dau.de haben wir eine eigene Homepage. Zudem sind wir über die Internetseiten der Stadt und über die LTK zu erreichen. Die Bücherei, die Theaterkasse, die ERB, das Archiv und die VHS haben feste Öffnungszeiten für die Öffentlichkeit. Darüber hin- aus sind meine Mitarbeiterin- nen und Mitarbeiter und ich auf vielen der Lindauer Ver- anstaltungen zu sehen und können gerne jederzeit kon- taktiert werden. Wir haben ein offenes Amt und versuchen einen sehr niederschwelligen Zugang zu uns zu ermögli- chen. AS: Was sind Ihre Ziele und Strategien für 2015? AW: Wir haben sehr viele Ziele und Strategien, ich möchte hier aber nur ein Pro- jekt vorstellen, das uns gerade, trotz der vielen anderen Auf- gaben, sehr intensiv beschäf- tigt – das ist die Sanierung und Neukonzeption des Stadtmu- seums. Mit dem „Cavazzen“, in dem sich das Museum befindet, haben wir eines der bedeutendsten barocken Bür- gerhäuser im gesamten Boden- seegebiet. Er ist das wunder- schöne Stadtpalais einer wohl- habenden Kaufmannsfamilie und über 300 Jahre alt. Das Museum ist mittlerwei- le arg in die Jahre gekommen: Die Präsentation in der Dauer- ausstellung entspricht in wei- ten Teilen noch dem Zustand zum Zeitpunkt der Eröffnung vor inzwischen über 80 Jah- ren. Das ist der reichen Kultur und Geschichte der Stadt nicht würdig und in der Ver- mittlung veraltet. Darüber hinaus weist das Haus viele substantielle Bauschäden auf. Das Dach ist marode, von der Fassade bröckelt der Putz. Es gibt keine Heizung, dadurch kann das Haus vom Herbst bis zum Frühjahr nicht geöffnet werden. Die immensen Tem- peraturschwankungen im Jah- resverlauf sind auch ein gra- vierendes konservatorisches Problem, ebenso das feuchte Kellergewölbe, das derzeit noch als Depot dient – so kann man wertvolles Kulturgut nicht sicher verwahren! Das Haus ist nicht barrierefrei, weshalb gehbehinderte Men- schen die oberen Stockwerke nicht besuchen können. Das alles sind Zustände die wir nicht länger ignorieren kön- nen. Deshalb haben wir uns schon vor längerer Zeit an den Kulturausschuss und die Bür- gerinnen und Bürger gewandt, um auf diese Zustände hinzu- weisen. Im Sommer des letzten Jah- res haben wir allen Interessier- ten einen öffentlichen Rund- gang mit Sitzung im Stadtmu- seum angeboten. Enorm viele Bürgerinnen sind dieser Einla- dung nachgekommen, was für den Stellenwert dieses Muse- ums spricht. Gemeinsam mit der Hilfe Vieler wollen wir die- ses Haus und die Einrichtung des Stadtmuseums, als Haus der Geschichte der Stadt, instand setzen und renovie- ren. Dadurch wird das Haus auch für die Lindauer Schul- klassen wieder attraktiv und kann als Besuchermagnet zur Verlängerung der Saison in den Wintermonaten dienen. Das alles kann die Stadt nur mit Unterstützung öffentli- cher Förderstellen und auch der Lindauer stemmen. Ich würde mich sehr freuen, wenn dieses Projekt eine breite Mehrheit im Stadtrat und in der Bevölkerung fände. Aber durch die vielen wunderbaren Reaktionen von Menschen aus der Stadt sind wir nicht nur guter Hoffnung, sondern fest davon überzeugt, dass wir die- ses Vorhaben gemeinsam wer- den umsetzen können. AS: Was gefällt Ihnen an der Leitung des Kulturamts beson- ders? AW: Unser Logo und unser Slogan erfassen es ganz gut: „Die Vielfalt der Künste zei- gen“. Ich schätze das gemein- same Schaffen, das Unter- halten, das nachdenklich Machen, das Anregen (manch- mal Aufregen), das Impulse Geben und Neues Schaffen ohne dabei das Alte und Tra- dierte zu vergessen. Kultur ist ein lebendiger Organismus und wir pflegen hier eine Kul- tur des Miteinanders, das finde ich sehr schön und wichtig. Zudem sind die Aufgaben mannigfaltig und unglaublich abwechslungsreich und das finde ich trotz Alltagsstress, den das manchmal verur- sacht, sehr angenehm. AS: Gibt es Sachgebiete oder Themen bei denen Ihre Arbeit besonders schwierig ist? Wa- rum? Kulturchef Alexander Warmbrunn im Stadttheater Lindau mit der Schauspielerin Suzannne von Borsody. BZ-Foto: Kulturamt Lindau (B) Die Ämter der Stadt Lindau stellen sich vor Interview mit Alexander Warmbrunn – Leiter des Kulturamtes AW: Wir kämpfen mit den gleichen Problemen wie wohl die meisten Einrichtungen der öffentlichen Hand: zu wenig Geld, zu viele Aufgaben für zu wenig Personal. Allein das Beschaffen von Ressourcen bindet ungeheuer viel Zeit und Energie. Man kann nur etwas gestalten, wenn die entspre- chenden Finanzmittel, funkti- onstüchtige Räumlichkeiten und vor allem sehr gutes, informiertes und fachlich aus- gebildetes Personal zur Verfü- gung stehen. Solche Mitarbei- ter machen es dann mit ihren Ideen, ihrer Kreativität und Tatkraft, ihrem Enthusiasmus und ihren Kontakten möglich, auch wenn es an den anderen Ressourcen fehlt, etwas Nach- haltiges für die Bürgerinnen und Bürger im Bereich der Kul- tur zu schaffen und zu bewah- ren. Dies funktioniert aber nur im Miteinander innerhalb unseres Teams wie auch mit den Kollegen aus der Stadtver- waltung, den Vereinen und Einrichtungen, dem Kultur- ausschuss, dem Stadtrat und den Bürgermeistern. Gemein- sam können wir sehr viel für die diese schöne Kulturstadt Lindau, Ihre Bürgerinnen und Bürger ebenso wie ihre Besu- cherinnen und Besucher errei- chen. AS: Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Stadt Lin- dau? AW: Auf jeden Fall eine Kul- tur des Miteinanders, Offen- heit, Transparenz, Durchläs- sigkeit. Um die Zukunft pla- nen zu können, muss man die Geschichte kennen und ver- stehen. Die Stadt blickt auf eine lange Vergangenheit und ein reiches kulturelles Erbe zurück. Grundlage diese Erbes ist die Pluralität und die Hete- rogenität der Bürger und die Lage dieser Stadt. Sie war schon immer an einem Kno- tenpunkt im Kreislauf des Warenhandels zwischen den unterschiedlichsten Länder- grenzen und Kulturen gele- gen. Das hat die Geschichte dieser Stadt geprägt. Sei es also nun in den Spar- ten Architektur, Kunst, Musik, Literatur, Theater, Tanz, Klein- kunst oder in der Wissen- schaft, Lindau hat im Laufe seiner Geschichte einen für eine Kleinstadt mehr als res- pektablen Ruf errungen. Viel dieses Rufes fußt auf Bereichen der Kunst und Kultur. Dies sind Lebensbereiche, die oft als teuer, überzogen oder gar unnütz abgetan werden. Und trotzdem ist es dieser immate- rielle Wert, sind es Kulturgü- ter, die den Reiz dieser Stadt ausmachen, die sie liebens- und lebenswert machen und viele Menschen nach Lindau ziehen. Wir konnten in den letzten vier Jahren einen Zuwachs von Abonnenten im Theater von über 50 % vorweisen, das ist ein bundesweiter Spitzenwert. Zudem beweisen wir mit unse- ren Ausstellungen, dass sich Kultur auch rechnen kann und mit über einer Viertelmil- lion Besuchern in nur vier Ausstellungen Arbeitsplätze erschafft. Nicht zu vergessen der Imagegewinn, den diese oder andere durch uns organi- sierte Veranstaltungen wie die Hafenweihnacht, die Rund um, der Marathon oder die lange Kultur- und Einkaufsnacht für Lindau bedeuten. Dabei ist die Stadt aber auch ein Ort der Diskussion und der Wider- sprüche. Ich wünsche mir eine Kultur des Diskurses und des respektvollen Austausches zum Wohl der Stadt. Kunst und Kultur sind ein wichtiger inhaltlicher Wegweiser in der gemeinsamen Gestaltung un- seres Lebensraumes und unse- rer Zukunft. Sie kann immer nur aus der Geschichte heraus geschehen. Deshalb sind ein Museum oder ein Theater von unsagbarem Wert. Denn Kul- tur ist der Kitt, der unsere Gesellschaft im Innersten zu- sammen hält.

Seitenübersicht